Geschichte
Der Anfang im Sisslerfeld
Die Idee
Die Ebenen des Fricktals und die günstigen Winde zwischen Schwarzwald und Jura haben in unserer Region Flugpioniere schon früh zum Tun angestachelt. So machten in den 30er Jahren bei der Kiesgrube von Eiken und auf der Krete von Oedenholz bei Mettau ein Dutzend Gleichgesinnte mittels selbstgebautem Segler, Zögling und einer Autowinde, deren pneuloses Hinterrad das Zugseil spulte, die ersten Luftsprünge über den noch unberührten Rheinauen. Der 2. Weltkrieg und das grenznahe Flugverbot bereiteten in der Folge dem aktiven Tun ein jähes Ende, der Virus des Fliegens aber überlebte die Kriegsjahre.
Bald danach fand man sich erneut zusammen:
Flieger, deren gemeinsame Begeisterung und gleiche Interessen Grund zum Vereinzusammenschluss waren, Piloten, welche in der aufstrebenden Zivil- und Militäraviatik zukünftige Tätigkeitsfelder sahen und die Ausbildung dazu anpacken wollten, und Geschäftsleute, welche schon damals die industrielle Bedeutung des Fricktals erkannten und sie mit eigenem Flugplatz vielen Widerständen zum Trotz zu stärken gedachten.
Die Realisation
Der Kauf des Fluggeländes und der Hangarbau im Sisslerfeld, einem noch unbebauten Landwirtschaftsgebiet, waren zwangsweise die ersten Sorgen des jungen Vereins von 80 Mitgliedern. Der damalige Quadratmeterpreis von 70 Rappen sprengte das Budget und dämpfte die Euphorie.
Die mutige Realisierung gelang schliesslich nach der Bildung einer Finanzierungsgemeinschaft von Fliegerfreunden des Fricktaler Gewerbes und der ideellen Unterstützung des Bundes im Hinblick auf die Pilotenausbildung.
Vor allem aber für den jungen Verein war gemeinsames und selbstloses Anpacken die Devise. In teilweiser Fronarbeit unter Ausnützung der persönlichen Fertigkeiten jedes Einzelnen wurden Freileitungen verlegt, 600 m Piste geebnet und die notwendigen Bauten erstellt.
Bis in die Mitte der 50er Jahre entstand Schritt für Schritt die notwendige Infrastruktur. Nach Hangar, Werk- und Baulokal, Tankstelle bildete der Bau des Restaurants und Hotels Fricktalerhof den krönenden Abschluss und sorgte für gesellschafliche Breitenwirkung. Noch heute erinnern diese Gebäude an der Rheintalstrasse an die Aktivitäten der ersten Fricktalflieger.
Mit der Vereinsgründung in Frick in den letzten Tagen des Jahres 1947 wurde der Grundstein dafür gelegt, was bis heute dauern sollte. Die Kameradschaft im Flugsport, die Ermutigung und Begeisterung von Jung und Alt nach den Ernüchterungen des Krieges, die Pilotenausbildung und die Schaffung eines Zentrums der Begegnung waren Visionen und Ziele, welche die Gründer aus dem Fricktal beflügelten.
Die Tätigkeit
Ihr erstes Fliegen war das Segeln mit an der Winde gestarteten einsitzigen Flugzeugen. Der Flugschüler machte nach der Theorie am Boden die praktische Erfahrung in der Luft allein. Entsprechend bildhaft hiessen die Schulungsteile «Rutscher, Abheber, Durchzieher, Hochstart». Auf dem jetzt eigenen Flugfeld galt das Interesse aber dem Fliegen mit den allmählich wieder verfügbaren Motorflugzeugen. Auf teils kühnen und abenteuerlichen Wegen sollen die ersten Modelle von Frankeich und England her überflogen worden sein. Die sich in sprunghaftem Fortschritt entwickelnde Zivilflugzeugindustrie stellte aber laufend immer besseres, professionelleres Material zur Verfügung. So hatten die Sektionen des AeCS nebst der Verfolgung ihrer eigenen Vereinsziele ab 1958 die Anwerbung, Förderung und Ausbildung des fliegerischen Nachwuchses für die Zivil- und Militäraviatik als Aufgabe im Landesinteresse zu übernehmen. Dies bedeutete für sie zwar Stärkung in öffentlicher Stellung, Ansehen und gesicherte Zukunft, aber auch wachsende Verantwortung: Die Sektion Fricktal des AeCS wurde zum Arbeitgeber. Ihre damaligen ersten Angestellten, Fluglehrer Alfred Birrer und Sekretärin Edith Moser, haben in langem, treuen Wirken über Jahrzehnte hinweg Flugplatz und Vereinsgenerationen geprägt.
Einige Highlights
Der erste Flugtag des jungen Vereins am 1.10.50 wird zum Grosserfolg. Neben dem bis anhin undenkbaren Auftritt einer Fliegerstaffel aus Nancy ist eine Stafette von Motorroller-Läufer-Reiter-Mannschaften des unteren gegen das obere Fricktal Teil des Programms. Die erstmals vorgeführte Vampire der Schweizer Flugwaffe wird in der Presse als 1 Million Franken teures (!), raketenartiges und heulendes Gefährt mit atemberaubender Geschwindigkeit beschrieben. Über 6000 sollen der Schau beigewohnt und damit für damalige Verhältnisse einen neuen regionalen Besucherrekord aufgestellt haben.
Etwas Nostalgie: Eintritt: Fr. 1.50; Wurst und Brot: Fr. 1.30; 5 Min. Rundflug: Fr. 5.-
Im September 1951 nimmt die neugegründete SGF ihre Schulungstätigkeit auf, Sie ist kurz zuvor aus der Taufe gehoben worden. Der damit möglich gewordene jährliche Zustupf aus der Sport-Toto-Kasse ermöglicht der jungen AeCS-Sektion die so bitter nötige Schuldentilgung.
Das Sisslerfeld hat als Magnet auf beiden Seiten des Rheines gewirkt und schon früh politische Grenzen quasi aufgehoben. So finden sich in den Flugvereinen seit Anbeginn Mitglieder von hüben und drüben, und der Flugplatz ist damit Symbol nationaler Öffnung.
Vom Tal auf den Berg
Der Anlass
Als die Roche in den 50er Jahren mit der Velegung eines Teils ihrer Produktion ins Sisslerfeld die Industrialisierung dieser Ebene einleitete, waren die Tage des jungen Flugplatzes gezählt. Er musste der industriellen Expansion weichen, und die ins Haus stehende Stillegung auf 1965 zwang die Sektion Fricktal, nach einem neuen Fluggelände Ausschau zu halten. Im Gemeindebann Wallbach konnte zwar das nötige Land dafür käuflich erworben werden, doch vereitelten eigene Fehler im Vorgehen und die verweigerte Zustimmung von Gemeinde und Kanton die Realisation des Projekts. Enttäuschung und Hoffnungslosigkeit in den Reihen der Fricktaler Flieger machten sich breit und man war dem Aufgeben nahe. Der Ausweg aus der Krise gelang, als sich nach neuem Suchen Unentwegter auf dem Hochplateau Tägertli zwischen Schupfart und Wegenstetten eine Lösung für die Fortsetzung des Fliegens abzeichnete.
Die neue Heimat
Nach über 300 Hausbesuchen und langen Verhandlungen und in schier unmenschlicher Arbeit der Vereinsleitung jener Jahre konnte das notwendige Land unter Mithilfe des Luftamts gekauft oder langfristig gepachtet und die Baubewilligung erwirkt werden. Die Projektierung sah in einer ersten Etappe den Bau der Zufahrtsstrasse, der Piste von 600 x 100 m und des Mehrzweckhangars vor. In einer zweiten Bauphase sollten Flugdienst-, Werkstatt-, Theorie- und Unterkunftsräume sowie ein Restaurationsbetrieb angegliedert werden. Das ganze Projekt kam schliesslich doppelt so teuer zu stehen wie das ehemals mit 800000 Franken veranschlagte von Wallbach. 1,7 Mio. Franken mussten investiert werden, wovon dank hindernisreicher, aber schliesslich glücklicker Wiederveräusserung des Landes in Wallbach 1,3 Millionen aus eigenen Mitteln aufgebracht werden konnten. Sie reichten zur Bezahlung der aufgelaufenen, zum Teil durch Vereinsmitglieder verbürgten Schulden und als Rücklage für die fälligen Verbindlichkeiten, wie den Goodwill-Beitrag von 100´000 Franken an den projektierten Zonenplan der Standortgemeinde und die Erstellung der notwendigen, 200´000 Franken teuren Abwasserleitung. Das ehrgeizige Projekt kam schliesslich zustande: Die Grosszügigkeit der Behörden von Bund und Kanton, die materielle Unterstützung aus Vereinskreisen und die beispielhafte Mitarbeit der Vereinsmitglieder in Tausenden von Fronstunden machten seine Realisation möglich.
Der Anflug zur Piste konnte auf der Ostseite durch Überflugsrechte gesichert werden. Auf der Westseite, im Gemeindebann von Wegenstetten, werden Grundstücke im Bundesbesitz überflogen. Sie garantieren den gefahrlosen Landeapproach über das einschränkende Hindernis der diagonal verlaufenden Hochspannungsleitung. Wie seinerzeit in Sisseln, ist auch auf dem ´Tägertli´ nicht das gesamte Pistenareal im Vereinsbesitz. Ein Drittel davon ist vertraglich langfristig erworbenes Pachtland der Gemeinde Schupfart, die damit gewissermassen teilhabender Partner des Flugplatzes ist.
Die Flur «Tägertli»
Das ´Tägertli´, ein Flurname für feuchtes und sumpfiges Hochmoorgelände, wurde durch Rodung und Entwässerung zum Ackerland bereitet. Auf dem Hochplateau soll sich nach alter Chronik ein alemannisches Fürstengrab befunden haben, das 1922 vom damaligen Wegenstetter Lehrer Ackermann ausgegraben wurde und wovon lange noch ein Steinblock aus rötlichem Schwarzwaldgranit am östlichen Pistenende und Relikte im Heimatmuseum Rheinfelden zeugen. Auf der Höhe der alten Strasse Wegenstetten-Schupfart wurde 1931 das Fundament des Herrenhauses eines römischen Gutshofes ausgegraben, zusammen mit ähnlichen Funden im Dorf aber wieder zugeschüttet.
Die Betriebsaufnahme
Nachdem am 26. März 1966 das Aufrichtefest des Mehrzweckhangars in bescheidenem Rahmen gefeiert werden konnte, wurden in den letzten Augusttagen desselben Jahres die Vereinsflugzeuge, welche bisher bei der Aeroclub Sektion Aargau im Birrfeld Gastrecht genossen, auf ihren neuen Heimatflugplatz überflogen. Am 6. November wurde vom Eidg. Luftamt die Betriebsbewilligung erteilt, und der «Fricktalflug» machte sich nach langem Unterbruch wieder auf zu neuen Horizonten. Ein Jahr später wurde gebührend gefeiert: Am 3./4. Juni wurde die neue Anlage in würdigem Rahmen offiziell eingeweiht und gleichzeitig das 20-Jahr-Vereinsjubiläum begangen. Die Behörden von Bund, Kanton und Gemeinden erwiesen dem Verein und seinem gelungenen Werk die Ehre und freuten sich mit ihm. Ein grosses Flugmeeting unter Mitwirkung der Patrouille Suisse mit ihren damals neuen Hunter-Flugzeugen lockte die Bevölkerung zuhauf zur Taufe der stolzen Anlage, und wie heute zogen am Schülertag die Schulklassen der umliegenden Gemeinden in Scharen zum Flugplatz ihrer engeren Heimat. Manch einer unter ihnen hat sich dabei vom Flugbazillus anstecken lassen und ist selber Pilot geworden.
(Quelle: Festschrift 50 Jahre Fricktalflug 29. Aug. 1998)